Nicaragua-Reise

Das Projekt "Nin@s del Fortín" betreut 82 Kinder, die aus armen Verhaeltnissen stammen. Sie bekommen jeden Arbeitstag ein warmes Mittagessen im Projekt, in dem sie auch spielen, an Freizeitaktivitaeten teilnehmen und Nachhilfe bekommen koennen.

Dienstag, 17.08.10

Seit etwa einem Monat fahren wir jeden Morgen gegen 9 Uhr ins "Nin@s del Fortín" und streichen dort deren Spielraum, die Juegoteca. Das ist kein kleiner Raum, aber wir hoffen im August fertig zu werden. Die Kinder helfen fleissig mit und inzwischen sind die Waende voller Disneyfiguren und Aehnlichem. Wir arbeiten bis etwa      15:30 Uhr. Montags bleiben wir danach noch zur Mitarbeiterbesprechung, bei der wir  noch wenig verstehen. Sich mit einzelnen Personen zu unterhalten geht hingegen schon ganz gut. Beim Malen kommen wir noch zu selten dazu, deshalb freuen wir uns schon darauf mit unseren Freizeitaktivitaeten anzufangen.

Samstag, 04.09.10

Heute bin ich, Ceri, mit zwei Betreuerinnen, Reyna und Yesenia, und dem FSJler des Projekts, Lukas, zum Muellberg der Stadt León gefahren. Nachdem Lukas und ich eine Stunde auf die beiden anderen gewartet hatten ("Wir treffen und gegen 7/7.30 Uhr heisst aus dem nicaraguanischen uebersetzt etwa 8 Uhr...), stellten wir uns an eine Strassenecke, um auf ein Muellauto zu warten. Es gibt hier alte Muellautos aus Hamburg, Traktorn mit Anhaengern, und Kleinlaster, die als Muellautos dienen. Nach etwa einer halben Stunde erwischten wir zwei Wagen, zu denen wir in die Fahrerkabine steigen konnten. Der "Relleno sanitario", der Muellberg, liegt etwas ausserhalb der Stadt. Wir kamen auch an vielen Haeusern in denen Kinder aus dem Projekt wohnen vorbei und an dem Viertel Hamburgo. Dorther kommen die meisten Kinder. Die Siedlung wurde in einem Projekt der Stadt Hamburg erbaut und die Strassennamen tragen Namen von hamburgischen Stadtteilen. Es ist eines der armen Viertel Leóns. Auf dem Weg sprangen ab und zu noch Leute auf den Wagen, um zum Muellberg zu kommen - nicht ungefaehrlich waehrend der Fahrt. Am Eingang zum Gelaende steht ein Waechterhaeusschen. Die Waechter interessieren sich wenig dafuer, dass es verboten ist, die Menschen, besonders die Kinder, in dem Muell arbeiten zu lassen. So ist es kein Problem fuer die Leute auf die Muellkippe zu gelangen.

Der ueble Muellgeruch zog in meine Nase und ich konnte einfach nicht fassen auf einem Muellberg zu sein. Zum Glueck vermilderte ein leichter Wind den strengen Geruch etwas. Als der Laster seinen Muell abllud stiegen wir aus der Fahrerkabine. Waehrend wir den Menschen beim Muelldurchforsten zuschauten, musste ich meine Gefuehle erstmal abblocken, um die Fassung zu bewahren. Da war eine Frau mit zwei 10-jaehrigen Jungs, einige junge Maenner und noch eine aeltere Frau. Einer der Maenner hatte eine Farbspraydose mit einem kleinen Loch in der Hand. Ab und an zog er die Droge durch die Nase ein. Reyna zeigt auf zwei Kinder, die mal in den Chavaladas waren, inzwischen jedoch aus dem Projekt ausgestiegen waren. Besonders traf es mich einen Jungen, den ich aus dem Projekt "Nin@s del Fortín" kenne, zu treffen. Er hatte uns viel beim Malen geholfen, war einmal sogar eine Stunde frueher im Projekt erschienen, um vor der Nachhilfe noch streichen zu koennen, und ich kannte ihn bis jetzt nur als normales Kind in Schuluniform. Nun stocherte er im Muell rum und einmal sah ich ihn sogar etwas kauen. Da wurde mir bewusst, wie wichtig das Mittagessen im Projekt fuer die Kinder ist.

Die Menschen schnitten und rissen die Muellbeutel auf und sammelten Plastikflaschen, Kabel, Papier, Pappe, halbwegs brauchbare Dinge und wie erwaehnt auch Essen. Ein Junge fand einen 20 Córdobaschein (knapp 1$) inmitten eines Haufen Klopapiers. Ich schaetze es waren um die 20 bis 30 Menschen dort. Die meisten waren Maenner.

Wir fanden vier Jungen, die Lust hatten an unserem Programm fuer sie teilzunehmen. Wir spielten Frisbee und lasen ihnen etwas vor. Es wurden auch ihre Namen notiert, um sie spaeter vielleicht fuer das Projekt zu gewinnen, soweit sie noch in keinem sind. Reyna und ich fuellten danach noch eine kleine Tuete mit abgeknipsten Isolierteilchen von Kabeln, die wir als Perlen benutzten koennen. Die waren aber auf einem Haufen und nicht im Muell verteilt.

Auf dem Rueckweg fuhren wir auf einem Traktor mit Anhaender mit, wobei wir ordentlich durchgeschuettelt wurden. Reyna hat solche Fahrten auch als sie schwanger war gemacht - natuerlich immer mit der Angst um ihr Kind... Heftig!

Ja, das ganze Erlebnis war heftig. Wenn ich an Walter, den Jungen aus dem Projekt, denke wird mir immer noch ganz anders zumute. Trotzdem bin ich froh, das alles gesehen zu haben. Jetzt verstehe ich den Hintergrund des Projekts besser und bin endgueltig aus meiner Seifenblase von meinem angenehmen Leben herausgeholt worden. Und ich werde bestimmt nochmal mit auf den Fortín fahren. Dann nicht fuer meine eigene Erfahrungen, sondern um zu helfen Kinder zu motivieren, ihre Lage zu veraendern.

Dienstag, 07.09.10

Als José, einer der Mitarbeiter im Projekt, sein Fahrrad holte, fragte ich, Pelle, ihn, wohin er fahren will. Er sagte, dass er zu einer Schule wolle und einige Hausbesuche machen muesse und fragte mich, ob ich mitkommen wolle. Zusammen mit Reyna, die bei José auf der Fahrradstange mitfuhr, fuhren wir los. Die Strasse vor der Schule ist nicht gepflastert. Mit einem normalen Auto wuerde ich da nicht hinfahren. In der Schule hat José mit den Lehrern gesprochen, die Kinder aus dem Projekt unterrichten. Manches klang erfreulich, leider aber auch einiges nicht. Unter all den Uniformen mit den weissen Hemden erkennt man nicht, unter welchen Umstaenden zumindest an dieser Schule die meisten Kinder leben. Sie arbeiten auf der Strasse oder dem Muellberg und koennen nur durch die Unterstuetzung von Projekten zur Schule gehen. Viele sind trotz allem ganz plietsch und haben grosse Ziele, die sie zum Teil auch ehrgeizig verfolgen.

Der Weg zu dem Barrio, in dem viele der Kinder wohnen, war alles andere als fuer Fahrraeder geeignet. Ueber lose Steine und durch kleine Rinnsaele von Abwasser fuhren und schoben wir spaeter zu den Familien. Die "Hauser" hier bestehen aus allem Moeglichen und Unmoeglichen. Ein Haus bestand zum grossen Teil aus Pappe und José sagte, dort wohne ein Maedchen aus dem Projekt. Es wird auch Stacheldraht von den Zaeunen als Waescheleine verwendet. An vielen Stellen liegt auch Muell herum. Waehrend wir weitergingen, zeigten mir die beiden in welchen Haeusern Kinder  aus dem Projekt wohnen und immer, wenn ich einen Namen erkannte, lief mir ein Schauer ueber den Ruecken.

Bei einem Haus hielten wir, Reyna sprach mit der Mutter, José mit dem Sohn, der schon laenger krank? war. Seine Schwester fragte mich, ob Ceri und ich mit der Juegoteca fertig seien und ich unterhielt mich etwas mit ihr. Spaeter kam der aelteste Sohn, der gerade geduscht hatte raus und begruesste mich freudig. Auf dem steilen Weg vor dem Haus fuhren drei Maedchen auf einem! Fahrrad immer wieder den Huegel hinab und freuten sich dabei riesig.

Wir sind noch zu einem anderen Haus gegangen. Es war jedoch nur die Mutter da und zwei "chicitos", zwei kleine Jungs. Sie hatten beide einen Luftballon. Ich habe mit ihnen zusammen gespielt, bis ein Luftballon platzte. Ich wappnete mich schon gegen das Geschrei, doch der kleine Junge sammelte in aller Seelenruhe die Ballonreste auf. Mit dem anderen Ballon haben wir zu dritt gespielt und die beiden hatten so viel Spass, dass ich beinahe vergass, neben was fuer einer Huette wir spielen, in der bestimmt fuenf Familienmitglieder in einem Raum schlafen. Der Hahn war an eine gefuellte Wasserflasche gebunden damit er nicht weglaufen konnte.

Bei der dritten Familie war nur die Mutter da und Reyna und José baten sie eindringlich, ihren Sohn zur Schule zu schicken, damit er das Jahr noch schafft.


Freitag, 03.12.10

Mit den vier aeltesten Maedels des Projekt habe ich, Ceri, an einem Fotowettbewerb teilgenommen. Das Motto war "MaedchenLeben - anders" und in diesem Rahmen haben wir erstmal ueber ihre Lebenssituation, ihren Alltag, ihre Freizeit und ihre Gefuehle und natuerlich auch ihre Plaene fuer die Zukunft geredet. Ihre Freizeit reicht von Sport bis Fernsehen gucken und Musik hoeren. Sie wollen ihren Schulabschluss machen, dann zur Uni gehen und Arbeit finden. Ihre Familie wollen sie erst danach gruenden. Ich hoffe sehr fuer sie, das alles so auf geht, wie sie es sich vornehmen und wenn nicht, dass sie ihren Mut behalten und nicht aufgeben. Am Ende haben wir Fotos gemacht und jetzt mit einem Foto ueber Freizeit, mit dem Titel "Tanzend geboren" partizipiert.

Das war am Mittwoch, 01.12., auf dem Campus Medico

Es war ein Punkt des Ferienprogramms damit sich die Kinder nicht langweilen. Wir haben dort Baseball, Fussball und Volleyball gespielt.